Estland wird in die Kreml-Impfstoffpropaganda gemischt

22.02.2021

Die Botschaften im Zusammenhang mit Corona-Impfstoffen sind Teil der Informationsoperationen des in Russland regierenden Regimes. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Amtes für Außenaufklärung heißt es, dass ein Teil der Botschaften darauf abzielt, westliche Impfstoffe zu diskreditieren und Misstrauen gegen diese zu verbreiten. Die zweite Hälfte betrifft Impfstoffe, die in Russland entwickelt wurden, insbesondere Sputnik V, die als große Erfolgsgeschichte dargestellt werden, die die russophoben westlichen Regierungen aber nicht für ihre Bevölkerung zulassen.

Schauen wir, wie Sputnik V-Impfstoff und Estland in den Propagandamedien des Kremls in den letzten Monaten in Verbindung gebracht wurden. Links zu den Berichten finden Sie auf der Seite des Monitoringsrobots Propamon, indem Sie nach den Ergebnissen des relevanten Datums suchen.

 Ein estnischer Arzt verteidigt den Sputnik V-Impfstoff
Am 19. Februar veröffentlichten russische Medien eine Reihe von Artikeln, die die Ansichten des estnischen Kinderarztes und Ernährungsexperten Adik Levin zum Thema Sputnik V-Impfstoff vermitteln. Die Artikel basieren auf einem Gedankenaustausch zwischen Levin und Ex-Außenminister Urmas Reinsalu, die in der estnischen Tageszeitung „Eesti Päevaleht“ veröffentlicht wurde. Levin ist einer der Fürsprecher von Sputnik V in Estland geworden. Übrigens ist das Teilen der Ansichten Levins das erste Mal, bei dem die russischen Medien groß auf Sputnik Media, einer Kreml-Propagandaseite die Anfang Februar in Estland wiedereröffnet wurde, hingewiesen haben. Wir werden wahrscheinlich in naher Zukunft eine große Anzahl von Themen sehen, die von diesem Portal hervorgehoben werden.

Die Ministerpräsidentin von Estland erlaubt, den Impfstoff Sputnik V zu verwenden.
Am 15. Februar erschien ein Artikel in der Rossiiskaya Gazeta, dessen Titel so verstanden werden kann, das Sputnik V in Estland nun erlaubt wäre. Es handelt sich um eine absichtlich verdrehte propagandistische Darstellung, nichts dergleichen wurde von der Ministerpräsidentin Estlands versprochen. Der Bericht basiert auf einem Videointerview, das die Zeitung „Postimees“ mit der neuen Ministerpräsidentin Kaja Kallas gemacht hat, in dem die neue Premierministerin den Gedanken äußert, dass Impfstoffe nicht politisiert werden sollten und diese auch in Estland eingesetzt werden könnten, wenn die EU dafür grünes Licht gibt.

Den Bewohnern Estlands ist es nicht verboten, sich mit Sputnik V impfen zu lassen
Am 29. Januar wurde auf dem Propagandaportal RuBaltic ein Artikel veröffentlicht, in dem sich auf das Interview mit Irina Filippova, der Chefspezialistin der Abteilung für infektiöse Erkrankungen des estnischen Gesundheitsamtes bezogen wird, das im russischsprachigen „Postimees“ veröffentlicht wurde. Der Propagandakanal des Kremls hält es für notwendig, genau diesen einen Gedankengang hervorzuheben.

In Estland herrscht großes Interesse am Impfen mit dem Sputnik V-Impfstoff
Am 21. Dezember 2020 veröffentlichte Propastop einen Beitrag, der Estlands Beteiligung an einer Propagandakampagne im Zusammenhang mit dem Sputnik-V-Impfstoff zum ersten Mal zeigte. Als Folgebericht zu diesem Beitrag haben wir die kritikfreie Haltung der russischsprachigen Redaktion des Estnischen Nationalen Rundfunks zu den Propagandabotschaften der russischen Botschaft kritisiert.

Zusammenfassung: kein Entkommen vor Kreml-Impfstoffpropaganda
In Berichten der russischen Medien treffen sich die Wörter Estland und Sputnik V in zwei Fällen. Zum einen dann, wenn es möglich ist die Vorstellung zu verstärken, dass es in Estland mindestens ein wenig positive Gefühle für diesen Impfstoff gibt. Eine zweite mögliche Palette von Themen ist die Ironie gegen die Vorstellung, Sputnik V könnte eine Propagandawaffe sein. Mit anderen Worten, alle Veröffentlichungen erscheinen unweigerlich mit einem propagandistischen Unterton.

So bleibt der Wunsch von Ministerpräsidentin Kaja Kallas, dass Sputnik V nicht zu einem politischen Instrument gemacht werden sollte, ein bloßer Traum. Wir mögen uns dies wünschen, aber in Wirklichkeit nutzt Russland jede Erwähnung in der estnischen Presse mit einem günstigen Kontext, um politisierte Propaganda für seinen Impfstoff und seine Botschaften zu machen.

Vielleicht würde Estland auch von dem gleichen klaren Standpunkt profitieren wie die neue litauische Regierung, die einen Einsatz gerade deshalb ausgeschlossen hat, weil es zu einer politischen Waffe gemacht wird.

Impfstoffpropaganda ist nicht nur ein theoretisches Problem für Estland, sondern das von den Kremlmedien gesäte Informationsdurcheinander wirkt sich direkt auf das Leben der estnischen Menschen aus. Dies wird schon allein durch die bescheidene Impfbereitschaft der Lehrer von russischsprachigen Schulen bestätigt.

Lesen Sie zur Erinnerung, wie Russland die Maskenkrise im Frühjahr 2020 in Estland als Propagandawaffe benutzte.

Bilder: Screenshots von den auf in diesem Artikel hingewiesenen Berichte.