11.06.2019
Letzte Woche wurde bekannt, dass auf ein Denkmal für Faschismusopfer im Schlosspark von Kuressaare einige Tags aufgekritzelt wurden. Niemand weiß, wann genau diese Beschmierungen stattgefunden hatten. Laut einem Artikel in der Saaremaaer Zeitung „Meie Maa“ am Donnerstag, dem 6. Juni hat die Polizei den Hinweis über die Kritzelei am Montag, dem 3 Juni überprüft. Da das Graffiti keinen politischen Inhalt hatte, hielt die Polizei dies nicht für einen wichtigen Zwischenfall.
Die Propagandamaschine des Kremls war aber anderer Meinung. Es wurde sofort auf den Fall reagiert, die russischen Medien veröffentlichten am Donnerstag mehrere Nachrichten, die über die Beschmierung berichteten. Es wurde versucht diesen Fall ernster darzustellen, als es war. Am Abend des Freitag, 7. Juli, hielt es die russische Botschaft in Estland für notwendig, eine Stellungnahme abzugeben, in welcher sie auf Facebook die lokalen Behörden aufrief, die Erinnerung an die Naziopfern zu ehren, den Stein zu reinigen und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Post der Botschaft wurde von den russischen Medienkanälen verstärkt.
Diesen Fall charakterisiert:
Die Routine
Man kann sicher sein, dass, wenn in einer Nachricht die Stichworte „sowjetisch“ und „Denkmal“ vorkommen, dies ein Ereignis für die russischen Propagandamedien wird und diese versuchen werden, diesen mit bereits eingeübten Methoden zu einem so großen Propagandaangriff aufzublasen, wie nur möglich.
Operativ
Die Vertreter der Propagandisten des Kremls in Estland beobachten die oben genannten Stichworte ständig und reagieren auf diese auch sofort. Die ersten Berichte über den Fall mit der Schmiererei auf Russisch wurden am Donnerstag um 10:58 h veröffentlicht, nur einige wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Artikels in der Zeitung „Meie Maa“. In Estland wurde dieser Fall nicht sehr bekannt, aber die russischen Medien berichteten durchaus darüber. Schnell wurden Fotos besorgt und diese auf der Facebook-Seite der russischen Botschaft veröffentlicht.
Verdrehte Handhabung
Die Propagandamedien beschränken sich nicht nur auf das Konstatieren des Falles, sondern versuchen zusätzliche Farbe im Zusammenhang mit den Ansichten des Kremls hinzuzufügen. Beispielsweise die Schlagzeile, in der falsch interpretiert wird, ein Polizist hätte dieses Denkmal als nicht wertvoll bezeichnet. Tatsächlich hatte der Polizist gesagt, dass der Fall nach § 218 des Strafgesetzes als „eine Schuldtat gegen Güter, nicht wertvolle Sachen und materielle Rechte“ behandelt wird. In den Berichten gibt es Hinweise darauf, als wäre so ein Beschmieren in Estland normal und hier würde Russophobie und Faschismus geduldet. Es wird eine bewertende Wortwahl genutzt, etwa: „Vandalen“ sind aktiv, Denkmal wird „geschändet“.
In Estland gibt es duzende Denkmäler, die mit der sowjetischen Geschichte zusammenhängen (schau zum Beispiel eine Auflistung auf Russisch hier), sie alle können in Propagandafälle involviert werden.
Welche Handlungshinweise könnte man den Menschen geben, die in der Zukunft in die Mitte eines solchen Falles geraten? Es können lokale Polizisten sein, Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, Journalisten oder Passanten.
Verhalte Dich wie folgt:
– Das Geschehnis muss registriert und die Schmierereien möglichst schnell beseitigt werden. Wenn in den Medien keine Bilder des Falles veröffentlicht werden, ist es wesentlich schwieriger, daraus einen emotionalen Propagandafall zu basteln. Zum Beispiel wurde 2018 im Fall „Litsmetsa“ der Stein schnell gereinigt und das hatte die Verbreitung des Propagandaangriffs gehemmt.
Bei diesem konkreten Fall ist Propastop der Ansicht, dass er trotz der Anstrengungen des Kremls nicht größer aufgeblasen werden wird. Dafür ist die Sachlage viel zu „wenig wertvoll“.
Hier findest Du Hinweise über frühere Propagandafälle bezüglich der Denkmäler.
Auf dem Bild Screenshot vom Post der russischen Botschaft auf Facebook.