Ein Funkelnagelneuer Angriff in den Medien des Kremls „Maarjamäe Komplex wird abgerissen!“

09.01.2018

Während des Wochenendes ist in den russischen Medien eine Artikelflut ausgebrochen, in dem Estland die Absicht unterstellt wurde, das nächste sowjetische Denkmal abreißen zu wollen. Der propagandistische Ton der Titel versucht den Eindruck zu wecken, dass es sich um eine neue Bronzesoldat-Aktion handelt.

Freitag, 5. Januar

Anlass dieses Propagandaangriffs war die Sendung des Radiosenders Vikerraadio am 5. Januar, in dem über das auf Maarjamäe gebaute Memorial für die Opfer des Kommunismus gesprochen wurde. Der Journalist Arp Müller befragte den Justizminister Urmas Reinsalu auch über die Zukunft des sich direkt daneben befindlichen Memorialkomplexes. Reinsalu sprach über die Notwendigkeit, diesen Komplex zu sichern und mit einem Infoschild zu versehen, das die Ziele der Okkupationsmächte beim Aufstellen dieses Komplexes vorstellen wird. Ebenso fügte der Minister hinzu, dass während der Renovierung gegebenenfalls auch etwas abgerissen werden muss (die genauen Zitate findest Du am Ende dieses Post`s).

An dem gleichen Abend veröffentlichte die russische Nachrichtenagentur TASS diese auf der Sendung von Vikerradio basierende Nachricht mit dem Titel: „In Tallinn wird womöglich das sowjetische Maarjamäe Memorial abgerissen.“

Samstag, 6. Januar

Von der Nachricht der TASS ausgehend startet eine ganze Lawine von Nachrichten. Passend zum Spiel „Stille Post“ der Propagandamedien gibt jeder neue Artikel dem letzten noch mehr Pfeffer dazu. Es scheint, als würden sich die Medienausgaben gegenseitig in der Höhengradierung der falsche Handhabung übertreffen zu wollen. In einem Tag wird die Gedankenäußerung von Reinsalu zu einem festen Plan der estnischen Regierung, diese Gedenkstätte abzureißen. Eine Übersicht der eskalierenden Titel:

Vesti.ru: „Es wird geplant, das “gefährliche“ sowjetische Monument abzureißen oder einzubetonieren“

Regnum: „Die sowjetische Gedenkstätte auf Maarjamäe drocht abgerissen zu werden“

Vzgljad: “In Tallinn plant man das sowjetische Memorial abzureißen.”

Izvestija: “Estnische Behörden haben vor, die sowjetische Gedenkstätte teilweise abzureißen.“

RBK: “Estnische Behörden haben die Erlaubnis erteilt, das sowjetische Memorial für Seeleute abzureißen.

Fontanka tweet: “In Estland plant man die nächste sowjetische Denkmal abzureißen. Für die dort ist nichts heilig!”

Lenta.ru: “Estnische Behörden entschieden, das sowjetische Memorial in Tallinn abzureißen“.

Ria.ru holt sich für dieses Thema Kommentare von einem Mitglied der Staatsduma, Konstantin Zatulin, der den Fall als typischen Ausdruck der Russophobie der Estland regierenden Clique hält. Seine Zitate verbreiten sich,  Gazeta.ru illustriert diese schon mit dem Bild des Bronzesoldaten.

Dieses Thema schafft es in einem Tag in die Fernsehnachrichten zu kommen, die vergraste Gedenkstätte wird vom Fernsehkanal der russischen Streitkräfte Zvezda gezeigt. Die Fernsehnachrichten sind in Russland bekanntlich ein Zeichen dafür, dass der Fall die Ebene des üblichen Propagandawerkens überquert.

Die Behauptungen der Medien des Kremls sind falsch

Wir brauchen hier nicht hinzuzufügen, dass die ursprüngliche Sendung mit Reinsalu gar nichts beinhaltet, was einen Grund für solche Horrorgeschichten geben würde. In seinem zehnminütigen Interwiev schenkt er diesem Thema drei Sätze:

  • „Ob man diese irgendwie abreißt oder was man mit dem Erhalt des Memorials  machen sollte – da bin ich völlig emotionslos, für mich bringt diese Gedenkstätte keine Heiligkeit mit sich.“
  • „Dieser Ort darf nicht für Menschen gefährlich sein. Ob, um dieser Gefahr vorzubeugen, dort irgendwas abgerissen werden oder irgendwelche Dinge einbetoniert werden müssen oder ob etwas so geregelt werden kann, dass das Memorial nicht anfängt einzustürzen – das ist eine Frage für sich, die ingenieurtechnisch gelöst werden muss.“
  • „Wenn man zu dem Standpunkt gelangt, dass es rechtlich möglich wäre, die Elemente aus der russischen Zeit aus dem Gelände zu beseitigen, muss man sich auch über diese Möglichkeit Gedanken machen – wenn dies auch von den Architekturexperten für denkbar gehalten wird.“

Der Ganze Fall ist viel zu frisch, um zu verstehen, ob es ein zentral koordinierter Propagandaangriff oder ein Wunsch der russischen Medien ist, den Leser mit der Eskalation dieses Themas zum like`n zu bringen. Auf jeden Fall behält Propastop ein Auge auf die Entwicklungen dieses Falles.

Wir empfehlen hier auch den Vertretern des estnischen Staates die falschen Informationen zu widerlegen, dies besonders in den lokalen russischsprachigen Medien. Ansonsten können die im Einfluss der Propagandamedien des Kremls lebenden Landsleute die Geschichte mit dem Bauzaun bei der Gedenkstätte auf dem Pirita Weg wirklich für einen Anfang der nächsten Bronzenacht halten.

Bilder: Das Foto von der Maarjamäe Gedenkstätte, Tanel Teemusk/Flickr/CC. Screenshot`s von besprochenen Artikeln. Das Foto vom Bauzaun: Propastop.