Ein estnischer Minister arbeitet mit dem Propagandakanal von Putin zusammen

30.07.2019

Letzte Woche wurde in den estnischen Medien darüber geschrieben, dass der estnische Innenminister Anfang Juli dem  Kreml-Propagandakanal Baltnews ein Exklusivinterview gegeben hatte. Dieses wurde am 11. Juli auf dem Youtube Kanal von Baltnews veröffentlicht und am 12. Juli auf seiner neu gestalteten Internetseite.

Dieses Interview fand in den Propagandamedien des Kremls viel Beachtung, und verschiedene Gedankengänge des zum stellvertretender Premierminister ernannten Helme wurden zu Schlagzeilen gemacht: „Estland teilte mit, dass Russland keine Gefahr darstellt“ – Ren.tv, „Innenminister Estlands sieht keine Gefahr von Russland“ – Izvestija, „Die Nationalisten Estlands wünschen Zusammenarbeit mit Russland“ – Lenta. Im genau dem gleichen Sinne wurde dieses Interview auch von der Parlamentskaja Gazeta, Gazeta.ru, RIA, Sputnik, u.s.w. veröffentlicht.

Warum stellt dieses Interview ein Problem dar?
Die Propagandakanäle sind kein echter Journalismus, sie unterliegen keinen ethischen Normen, sondern sie sind die Pseudomedien, in denen der Inhalt entsprechend angepasst wird, um die propagandistischen Ziele des Inhabers auszudrücken. Ehrlich gesagt macht es keinen Unterschied, was der Interviewte sagt, seine Worte werden ohnehin in den für die Propaganda des Kremls passenden Kontext gestellt. Auch ist beim Interview mit Helme nicht klar, ob seine Worte über die fehlende Gefahr seitens Russland den offiziellen Standpunkt Estlands darstellt oder die Ansicht des Ministers selbst. Beispielsweise wies Helme beim Kommentieren seines Interviews im ERR noch auf die Feindseligkeit des Ostnachbars hin.

Solche Kanäle haben früher so viel Schaden angerichtet, dass das estnische Kommunikationsbüro Empfehlungen ausgearbeitet hat, deren Ziel es ist, die Kommunikation mit diesen zu vermeiden. „Wir bieten den Pseudokanälen keine Möglichkeit, Materialien und Berichte zu Produzieren. Wir versuchen, nicht an der Verbreitung dieser Kanäle und der Erhöhung ihrer Besucherzahlen mitzuwirken und sind deutlich gegen die Förderung feindlicher Beeinflussungstätigkeiten und feindlicher Propaganda unter dem Schutzschirm der Medienfreiheit“, sagte Urmas Seaver, der Direktor für Kommunikation der Regierung im Januar 2019. Ihm zufolge handelt es sich bei solchen Kanälen um Veröffentlichungen der Gruppe Rossija Segodnja, wie Sputnik und RIA Novosti.

Baltnews ist in Gänze ein Propagandakanal
Wie wir neulich geschrieben hatten, ist Baltnews ein Portal, das öffentlich seine Zugehörigkeit zum Besitz der Rossija Segodnja (Rossiya Segodnya oder Russia Today), des Medienverwaltungskonzerns der Regierung mitteilt, genauso wie RT und auch Sputnik. Darüber, dass Baltnews ein Sprachrohr des Kremls ist, wird in verschiedenen Medienausgaben Estlands schon seit Jahren geschrieben und das müsste jeder Amtsträger Estlands wissen. Zum Zeichen, dass es nicht um eine unschuldige Internetseite handelt, hat Lettland letzte Woche den Zugang zu der Seite von Baltnews.lv geschlossen. Dieser Schritt wurde damit Begründet, dass Dmitri Kisseljov, der Leiter der Rossija Segodnja auf der Liste jener russischen Personen steht, welche von der EU mit Sanktionen belegt wurden.

Fälle, in denen Interviews mit den Propagandamedien des Kremls verschiedene Probleme mit sich gebracht hatten, gab es auch schon früher, viele davon haben in den estnischen Medien einige Aufmerksamkeit bekommen:

  • In diesem Jahr haben sowohl Tallinner Bürgermeister Mihhail Kölvart als auch Edgar Savisaar den Baltnews Interviews gegeben.
  • Im Februar 2017 kam es wegen eines Interviews von Mailis Reps mit Sputnik zu einem Skandal. Sowohl ein Fakt des Interviews als auch die damit verbundene verdrehte Wahrheit und Lügen wurden missbilligt.
  • Im „Fall Anastassia“ aus demselben Jahr wurde den Worten der Frau, die das Interview mit life.ru geführt hat, eine Propagandabotschaft auf der Webseite hinzugefügt.
  • Im Jahr 2015 hat Darja Saar, die damalige Chefredakteurin von ETV + dem Kreml-Fernsehkanal Rossija ein Interview gegeben, das von dem neuen Kanal den Eindruck hinterlassen hatte, als wäre es ein Speichellecker Estlands.

Wenn jemandem noch immer unklar ist, bei welchen Medienauslagen das „Versorgen mit Inhalten“ vermieden werden soll, werden wir hierzu die Links zu den Propaganda-TV und Internetseiten zeigen. Ebenso lohnt es sich, noch einmal die Verhaltenshinweise für die Kommunikation mit den Propagandamedien durchzulesen.

Bilder: Screenshots von auf den in diesem Bericht hingewiesenen Videos und Artikeln.