Mythosbrecher 3 – Die Esten wären Faschisten

21.08.2018

In der Rubrik, in welcher wir Estland betreffende Propagandamythen widerlegen, haben wir die Behauptung, Estland wäre der Sowjetunion freiwillig beigetreten, bereits widerlegt. Ebenso haben wir die falsche Meinung zerstört, Estlands Staatsbürgerschaftsgesetz würde russischsprachige Menschen in irgendeiner Weise benachteiligen.

Heute widerlegen wir die propagandistische Meme, die Esten wären Faschisten.

Wir verstehen vollkommen, dass das konkrete Zerlegen eines Mythos eine gewissermaßen undankbare Arbeit und sogar ein merkwürdiges Unterfangen ist. Nämlich handelt es sich bei dieser Anschuldigung um keine auf Fakten basierende Behauptung, welche man vollständig nachweisen oder dann doch widerlegen könnte. „Faschist!“ dagegen ist ein emotionales Schandmal, ein Schimpfwort. Wie könnte so etwas überhaupt widerlegt werden?

Wir machen es jedoch zu unserer Sache, diese Aufgabe zu lösen. Wir öffnen die Hintergründe dieses Mythos und bringen den Gedankengang hervor, der diese Anschuldigungen ungültig macht. Wir stellen anderssprachige Links vor, die man als Hinweise benutzen kann – bei der Kommunikation mit Menschen, welche Geschichte und Gegenwart Estlands kaum kennen, kann man damit seine Standpunkte begründen.

Mythos – als wären die Esten Faschisten
Dieser Mythos kann auch auf verschiedene Weise genannt werden, zum Beispiel: „In Estland wird Faschismus offiziell begünstigt“.

Wo wird dieser Mythos verbreitet?
Das „Haupttreibhaus“ dieses Propagandamythos sind die russischen Medienkanäle. Der Mythos kommt sowohl als informelle Anschuldigung im Inforaum, als auch in den offiziellen Reden des Ostnahbars vor. In Estland sind die von Russland finanzierten Netzwerke der weichen Macht tätig, welche versuchen, das Faschismusthema anzuschneiden und damit Estland in Europa zu beschädigen.

Die Faschismusbeschuldigungen tauchen im Zusammenhang mit den folgenden Themen auf:

  • Die Verbrechen der Nazis, die während des zweiten Weltkrieges in Estland begangen wurden.
  • Teilnahme von Esten im zweiten Weltkrieg gegen die Roten Armee, der Kampf der Waldbrüdern
  • Die Versammlungen heutzutage, wo sich Estnische Soldaten treffen, die in der Deutschen Armee gekämpft hatten, und die ihnen gewidmeten Denkmäler.
  • Die heutigen Ereignisse in Estland, welche die Propaganda des Kremls als ein Ausdruck des Fremdenhasses, Rassismus oder Antisemitismus darstellt.

Warum wird dieser Mythos verbreitet?

Im Selbstbewusstsein Russlands befindet sich an zentraler Stelle der Sieg über Nazi-Deutschland im zweiten Weltkrieg. Dieses Ereignis ist ein Basismythos des nationalen Selbststolzes, welcher auch heute mit Hilfe der staatlichen Propaganda unterstützt wird.

Laut dieses Mythos wurde im zweiten Weltkrieg gegen die „Faschisten“ gekämpft. In diesem Kontext hat dieses Wort keine größere Verbindung zu seiner ursprünglichen Bedeutung, zur italienischen totalitären Bewegung. Auch nicht mit dem deutschen Nationalsozialismus oder, breiter gesehen, der ultranationalistischen Ideologie. Für die Propaganda sind diese Feinheiten unwichtig, Faschist bedeutet, dass jemand, der außerhalb der Sowjetunion/Russlands steht, einfach nur ein Feind ist.

Es ist bequem, heute alle Gegner mit einem Wort zu stempeln, das den Feind bezeichnet. Die Tatsache, dass das Wort „Faschist“ als ein Synonym für den Feind nicht der Vergangenheit angehört, wird auch durch die Wiederbenutzung dieses Wortes bei dem Angriff auf die Ukraine bewiesen, wo zum Beispiel die Annexion der Krim mit dem Kampf gegen die „ukrainischen Faschisten“ gerechtfertigt wird. Die Benutzung der Faschismusanschuldigung wird dadurch einfach gemacht, dass dies in Europa wegen der Traumata des zweiten Weltkrieges ernst genommen wird.

Aus all diesen Gründen benutzt die Propaganda des Kremls diesen Mythos, um Estland zu beschuldigen: der Begriff ist bekannt in Russland und in Europa und basiert auf historischen Fakten. „Faschist!“ klingt hart, diese plakative Anschuldigung muss nicht allzu viel begründet werden und es ist schwer, sie abzuwehren.

Wir widerlegen den Propagandamythos

Dieser Mythos wird durch die folgenden Tatsachen gebrochen:

  • Estland hat Faschismus und Nazismus wiederholt verurteilt. Dies wurde in verschiedenen Jahren sowohl vom Estnischen Präsidenten, dem Parlament, als auch der Regierung Estland hat sich internationalen Resolutionen gegen den Totalitarismus angeschlossen.
  • Esten haben im zweiten Weltkrieg nicht für den Faschismus gekämpft. Estland vertritt den Standpunkt, dass Esten bei den Kämpfen im zweiten Weltkrieg gegen die UdSSR und für die Unabhängigkeit, aber nicht für den Faschismus oder für die Nationalsozialistische Idee gekämpft hatten. Für Estland sind sowohl die Ideologien der Kommunisten als auch die der Nazis verbrecherisch, beide Regime haben versucht, das unabhängige Estland zu okkupieren.
  • In Estland wird Faschismus nicht toleriert. In Estland wurden Strafverfahren gegen Neonazis eröffnet, die Sicherheitspolizei hat sich zu deren Aktivitäten geäußert. In dem Fall mit dem Denkmal in Lihula hat die Regierung ein Denkmal mit Nazi-Symbolik entfernt.
  • Die Faschismusanschuldigung ist ein eigennütziger Propagandaversuch des Kremls, der nicht ernstgenommen werden kann und auch nicht darf.

Der Mythos ist gebrochen worden!
Die Esten sind keine Faschisten, in Estland wird Faschismus nicht toleriert.

Wenn Du beim Brechen des Faschismusmythos mitreden oder deinen eigenen Beweisgang anbieten möchtest, teile deine Gedanken auf dem Facebook Konto vom Propastops.

Foto: Thomas Hawk / Flickr / CC