Mythosbrecher 1. Teil

13.03.2018

Beim beobachten der vom Kreml ausgehenden Propaganda können bestimmte Behauptungen oder Gedankengänge festgestellt werden, die immer wieder ausgestrahlt werden. Wir haben eine Zusammenfassung dieser Propagandamythen erstellt, um es einfacher zu machen, diese in den Texten aufzufinden.

Wesentlich komplizierter ist zu zeigen, warum diese Mythen falsch oder schräg sind. Zum Beispiel ist es ziemlich kompliziert, den im Einfluss der kremltreuen Medien lebenden Menschen zu beweisen, dass die Behauptungen, welche sie ständig in den Massenmedien sehen, lesen oder hören, nicht der Wahrheit entsprechen. Es mangelt an übersichtlichen Belegstellen, klare Beweismittel. Dieselbe Frage wird auch beim Erklären unserer Standpunkte gegenüber unseren westlichen Freunden aufgeworfen: auch deren Meinungen basieren oft auf den Mythen, die in den Medien herumgeistern, aber nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen.

Um diese Situation zu ändern, starten wir mit einer neuen Rubrik, in der wir demonstrieren, warum die Propagandamythen, die über Estland verbreitet werden, falsch sind. Ziel ist es, einen Beweis zu führen, den man auch mit den nicht estnischsprachigen Menschen teilen kann. Dafür findet man am Ende des Beweisganges die Hinweise in mehreren Sprachen.

 Mythos 1: Estland sei freiwillig der Sowjetunion beigetreten

Der erste Mythos, dessen Widerlegung wir vornehmen, ist die Behauptung der Kreml-Propaganda, die man in einem Satz zusammenfassen kann: „die Sowjetunion hat Estland nicht okkupiert, sondern Estland ist freiwillig der Sowjetunion beigetreten.“

 Wo kann man diesem Mythos begegnen?

In den Talk Show`s der kremltreuen Propagandamedien als Gedankengänge mehrerer Gäste, ebenso in Internetartikeln. Zum Beispiel in diesem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Russlands, in diesem und in der Sendung, worauf wir in diesem Post hier hingewiesen haben.

 Warum wird dieser Mythos verbreitet?

Das Benutzen dieses Mythos ermöglicht zu behaupten, Estland wäre an den Folgen der Sowjetischen Periode selbst Schuld. Ebenso hilft der Mythos das imperialistische Einmischen von Russland in das, was in Estland geschieht, zu rechtfertigen und zu behaupten, Estland würde zur Interessensphäre Russlands gehören. Dieser Mythos ermöglicht auch, Estland des Verfälschens der estnischen Geschichte zu beschuldigen und somit eine Kluft zwischen den unterschiedlichen in Estland lebenden ethnischen Gruppen zu schaffen.

Zudem rechtfertigt Russland mit so einem Mythos die Annexion der Krim.

 Wir widerlegen den Mythos

Dieser Mythos wird widerlegt durch die geschichtlichen Ereignisse, die beweisen, dass Russland die Estnische Republik okkupiert hat:

  • Im Juni 1940 beginnt die UdSSR mit Vorbereitungen, die unabhängige, international anerkannte und beim Ausbruch des Zweites Weltkrieges sich als neutral erklärte demokratische Estnische Republik zu okkupieren. Am 9. Juni 1940 gibt der sowjetische Volkskommissar Marschall Semjon Timoschenko zusammen mit dem Stabschef des Generalstabes die Direktive Nr. 02622 heraus, womit die Vorbereitungen zum Einmarsch in Estland begonnen werden.
  • 14. Juni 1940: die sowjetischen Truppen beginnen eine Luft- und Meeresblockade gegen Estland, über dem Finnischen Meerbusen wird von sowjetischen Flugzeugen das Passagierflugzeug Kaleva, das sich auf einem regulären Flug von Tallinn nach Helsinki befand, abgeschossen.
  • 16. Juni 1940: die Sowjetunion überreicht der Estnischen Republik ein Ultimatum, in welchem das Aufstellen zusätzlicher Truppen der Roten Armee in Estland und ein Austausch der Regierung gegen eine moskautreue Regierung verlangt werden.
  • Juni 1940: Mit Unterstützung durch die in Estland angekommene Rote Armee führt die Sowjetunion in Estland einen Staatsstreich durch, durch den eine der Sowjetunion gehorsame Marionettenregierung aufgestellt wird.
  • Juli 1940: Von dieser Marionettenregierung werden außerordentliche Wahlen durchgeführt, die im Widerspruch zum Grundgesetz Estlands stehen. Die Wahlen sind weder frei noch demokratisch, die Teilnahme ist nur für die Personen erlaubt, die von der Sowjetunion akzeptiert werden, die Wahlergebnisse werden gefälscht.
  • August 1940: Durch diese manipulierten Wahlen kommt eine widerrechtliche Abgeordnetenversammlung an die Macht, die den Zusammenschluss Estlands mit der Sowjetunion anordnet.
Beim Widerlegen dieses Propagandamythos ist ein Besuch im Okkupationsmuseum in Tallinn hilfreich.

Die Annexion und Okkupation Estlands durch die UdSSR wurde von den meisten Staaten der Welt als illegal betrachtet. In diesen Staaten wurde die Tätigkeit der diplomatischen Repräsentanten weitergeführt. Besonders konsequent betrieben diese Nichtanerkennungspolitik in den Jahren 1940 – 1991 die USA, der Vatikan und Irland.  Der Zusammenschluss von Estland mit der Sowjetunion wurde nur von Nazideutschland mit ein paar abhängigen Staaten anerkannt.

 Zusammenfassung

Estland ist der Sowjetunion nicht freiwillig beigetreten, sondern die Estnische Republik wurde von der UdSSR im Jahr 1940 okkupiert. Die Unabhängigkeit der Estnischen Republik wurde 1991 wiederhergestellt. Im Jahr 1994 haben die Truppen des Rechtsnachfolgers der UdSSR, der russischen Föderation, Estland verlassen.

Lies zusätzlich auf Estnisch, auf Englisch und auf Russisch (1, 2, 3 ).

Bilder: Thomas Hawk /Flickr / CC, Foto von Okkupationsmuseum Wilson44691 /Wikipedia /CC