11.12.2018
Die Propagandalegende des Ostnahbars über weibliche Scharfschützen in weißen Strumpfhosen, die überwiegend aus den baltischen Staaten stammen, ist während des letzten Vierteljahrhunderts beinahe zu einem untrennbaren Teil jeglichen mit Russland verbundenen militärischen Konfliktes geworden.
Zuletzt wurden die aus den baltischen Staaten stammenden weiblichen Scharfschützen Ende des Jahres 2017 erwähnt, als sie in den okkupierten Gebieten des Donbass gesehen worden seien. Davor wurden Gerüchte über ihre Teilnahme am Ukraine-Russland-Konflikt im Jahr 2014 verbreitet und noch früher im Jahr 2008 im Südossetien-Krieg.
Obwohl diese Legende auch schon früher im Umlauf war und Gerüchte über die Teilnahme der weißen Strumpfhosen am Afghanistan-Krieg verbreitet wurden, kann als aktiver Anfang der erste und zweite Tschetschenische Krieg bezeichnet werden, wovon der erste in den Jahren 1994-1996 geführt wurde. Angeblich wurde während dieses Krieges eine in der Gruppierung Shamil Bassajev kämpfende junge Scharfschützin Namens Jelena, deren Spitzname „Lolita“ gewesen sei, verhaftet. Diese Verhaftung wurde von der Regierung Russlands nicht bestätigt, aber es ist eine der ersten Geschichten, in der es gelungen war, eine „weiße Strumpfhose“ festzunehmen.
Ebenso wurden sie auch in Berichten über das Blutbad im Januar 1991 in Vilnius erwähnt, wo sie angeblich auf eigene Leute geschossen hatten.
Die Legende über die Scharfschützinnen Namens „weiße Strumpfhosen“ reicht daher Jahrzehnte zurück und hat mit den Jahren an reife und Details dazugewonnen. Mit weißen Strumpfhosen werden blonde Kämpferinnen aus Baltikum bezeichnet, die wie Amazonen aussehen, früher alle mit Biathlon verbunden waren und sich dadurch eine vorbildliche Genauigkeit beim Schießen angeeignet haben. Sie werden für skrupellos und kaltblütig gehalten, weil sie nur männliche Soldaten und Wehrpflichtige töten und oftmals in die Leistengegend zielen. In den Propagandaberichten sind sie immer Kämpferinnen gegen Russland, die in den Konfliktgebieten Geld verdienen.
Den weißen Strumpfhosen ist sowohl eine englisch– als auch eine russischsprachige Seite auf Wikipedia gewidmet, wo ein übersichtliches Material über die Legenden ihrer Teilnahme in den verschiedenen Kriegsherden zusammengesammelt ist.
Die Teilnahme von Frauen am Krieg überrascht Niemanden und die sowjetischen Streitkräfte hatten gesondert auch weibliche Scharfschützen ausgebildet, über deren im Jahr 1917 beginnende Geschichte kann hier ausführlicher gelesen werden.
Die Legende ist in der russischen Folklore gut verwurzelt und wird ab und zu wieder benutzt. Heutzutage kann man als Grund für diese Verbreitung den Wunsch sehen, den in der Vergangenheit gefestigten negativen Ton der Geschichte bei den Einwohnern Russlands zu benutzen, um die negative Gesinnung in Richtung der baltischen Staaten zu gestalten.
Foto: Screenshot aus der Internetseite Moskva24.