Russische Medienkanäle brauchen eine Propaganda-Kennzeichnung

05.01.2018

Es ist Mai, der Propagandamonat. Mit den Narzissen stecken auch Sankt-Georgs-Bänder und rotfarbene Fahnen ihre Nasen heraus, die kremltreuen Medien  füllen sich mit verschobenen Darstellungen des Militärmanövers Kevadtorm und mit Schuldweisungen bezüglich der Befürwortung des Faschismus.  Obwohl die Nachbarn Russlands mit diesem Konflikte provozierenden Mediendruck das ganze Jahr über klar kommen müssen, weckt eben die jetzige Propagandasaison die Frage, ob Estland irgendetwas dagegen unternehmen könnte.

Die europäische Strategie, um gegen die Informationsmanipulationen zu bestehen, ist die Kanäle zu unterstützen, die für die Mediennutzer Alternative Inhalte bieten. Für diesen Zweck wurde auch ETV + gegründet, der es aber nicht geschafft hat, Interesse und Vertrauen der russischsprachigen Zuschauer zu gewinnen. Wahrscheinlich ist ein Grund für den zurückhaltenden Start von ETV + die Medienverunglimpfung des Senders seitens Russland. Nichts desto trotz ist es klar, dass es nicht möglich ist, mit nur einem neuen Sender gegen die Propaganda anzugehen.

Wäre ein Verbot der russischsprachigen Propagandakanäle hilfreich? Litauen hat diesen Weg ausprobiert, die Sender PBK, RTR und REN TV wurden dort verboten. Der Effekt war aber nur gering, ein Zugriff auf die Kanäle ist heute, im Zeitalter des freien Internet, nur sehr schwer zu verhindern. Ebenso gibt es bei einem Verbot die Gefahr, selbst dem autoritären Regime ähnlich zu werden und sich den Makel einer eingeschränkten Wortfreiheit zuzuziehen. „Unsere Nachbarn im Süden entschieden sich, russisches Fernsehen zu verbieten. Ich nicht. Dies passiert hier nicht,“ äußerte Präsident Toomas Hendrik Ilves den Standpunkt Estlands.

Jedoch gibt im Kampf gegen die schiefen Informationen noch eine Möglichkeit, die bis jetzt völlig ungenutzt ist – das Markieren aller Propagandakanäle. Diese Markierung würde auf den Internetseiten solcher Medienkanäle, die als Propagandakanäle gelten, an sichtbarer Stelle stehen. Diese Markierung würde die klare Botschaft übertragen, dass dieser Kanal zu den Propagandakanälen gehört. Beispielsweise würde der Zuschauer in Estland den Propagandabezeichnung tragenden russischen Nachrichtensender 5TV, der den irreführenden Eindruck über ein rassistisches Estland vermittelt, so sehen:

Zusätzlich zur klaren Kenntlichmachung des Propagandasenders müsste diese Kennzeichnung einen Aufruf beinhalten, der die Zuschauer zum Nachsehen auf eine solche Internetseite führt, die über den Sinn und das Wesen der Propaganda aufklärt. Das breitere Ziel dieser Kennzeichnung ist daher, lokale Zuschauer zu einer medienkritischen Haltung zu erziehen und auch Alternativen zur Gestaltung des Weltbildes anzubieten. Eben das, was laut Strategie als Mittel gegen die beeinflussenden Aktionen wichtig ist.

Obwohl im Kontext der Propaganda ziemlich neu, wäre das Einführen einer warnenden Kennzeichnung für die Öffentlichkeit nichts Beispielloses. Heute tragen solche warnende Hinweise die Zigarettenschachtel, oder die Alkoholwerbung, in der Arzneimittelwerbung wird darauf hingewiesen, dass man den Rat eines Apothekers erfragen müsste, gekennzeichnet werden Chemikalien, unterschiedlichste Darlehensangebote und Glücksspiele. Genau so schädlich, wie der Teer für die Lungen, ist auch die Propaganda für unser Gehirn. Vielleicht nun doch nicht so: „Propaganda kann töten!“, aber grundsätzlich passen die Texte auf den Zigarettenschachteln hierzu sehr wohl als Vorbild.

Welche Kanäle müssten auf die Liste für Propagandakanäle? Lies die Übersicht von Propastop über die russischen Fernsehsender, die Freiwillige mit einem solchen Label ausstatten und ihre Entscheidung rechtfertigen. In der Regel sind die Gründe eine eng mit dem Kreml verbundene Eigentümerschaft und der Inhalt der Medienkanäle, die Beispiele für manipulierte Informationen darstellen. Man könnte noch weitere Kriterien für Propaganda aufzeigen, wahrscheinlich müssten die endgültigen Entscheidungen von verschiedenen staatlichen Ausschüssen getroffen werden. Und natürlich müsste sich die Propagandakennzeichnung nicht nur auf Estland beschränken, sondern diese Kennzeichnung könnte in den Medien aller demokratischen Länder verwendet werden, in denen ausländische Propaganda unter dem Schirm der Redefreiheit versucht, die Gesellschaft zu spalten.