Die Corona-Zensur des Kremls ist eine Gefahr für Estland

30.03.2020

Propastop beobachtet die russischen Medien regelmäßig und wundert sich bereits seit Wochen über deren Langsamkeit und Coolness bezüglich der Coronakrise. Die Medien des Ostnachbars erwecken den Eindruck, als beträfe die Epidemie nur ferne Länder, die aufgrund ihrer Unfähigkeit nicht mit der Krankheit fertig werden können. In Russland dagegen ist alles ziemlich ruhig und unter Kontrolle.

Als charakteristisches Beispiel bringen wir einen Screenshot von einer Titelseite des populärsten Portals Russlands Lenta.ru von diesem Freitag. In den Nachrichten wird sich auf die Themen aus dem Ausland konzentriert, die Geschehnisse im eigenen Land werden nur oberflächlich behandelt, durch das Absagen von Prüfungen und dem Verschieben militärischer Manöver. Den Eindruck, dass aktuell eine der größten Krise in der jüngeren Geschichte im Gange ist, hinterlässt dieses Portal nicht.

Gleichzeitig war Freitag aber der Tag, an dem die Zahl der am Coronavirus infizierten Menschen in Russland um mehr als 200 anstieg und damit die Grenze von 1000 überschritt. Es gäbe genug Material, um zu schreiben, all diese Nachrichten sind aber irgendwie in der Internetseite versteckt.

Über die Versuche des Regierungschefs im Kreml, die Informationen zu verbergen, wurde in den letzten Tagen immer mehr geschrieben. Die Faktenkontrolle der Zeitung Postimees hat die Coronalügen Putins zusammengefasst, über dieses Thema kann sowohl in den finnischen als auch in den US-Medien gelesen werden. Über die Corona-Zensur in den Medien des Ostnachbars wurde weniger geschrieben, aber es ist klar, dass der Kreml Anweisungen zur Berichterstattung über den Fall erteilt hat. Lies, wie so ein Kontrollemechanismus funktioniert.

Warum halten wir die Corona-Zensur des Kremls als ein Gefahr für Estland?
Eine Umfrage zum Medienkonsum unter russischsprachigen Menschen in Estland Anfang diesen Jahres ergab, dass etwa ein Fünftel oder 70.000 Menschen ihren Informationsraum auf russische Staatsmedien aufbauen und die Kremlkanäle für ein Drittel oder mehr als 100.000 eine wichtige Rolle im Informationsmenü spielen. Man kann also sagen, dass 170.000 Menschen oder etwa die Hälfte der in Estland lebenden russischsprachigen Bevölkerung durch die  Kremlmedien ein verzerrtes Bild der Situation erhalten.

Die verzerrte Wahrnehmung der Krise führt jedoch dazu, dass die Situation als viel schöner angesehen wird, als sie wirklich ist. Notfallanforderungen können als übermäßig, Quarantäne und Kontaktvermeidung als unbedeutend angesehen werden. Das Ergebnis ist ein Verhalten, dass zur Ausbreitung der Infektion beiträgt.

Propastop hat noch keine Statistiken gefunden, die es uns ermöglichen würden, die Hypothese zu überprüfen, dass die Anzahl derjenigen, die die Quarantäne verletzen und der Erkrankten unter den russisch-sprachigen Menschen in Estland über dem Durschnitt liegt. Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, dann ist die Diskussion über Russlands Propagandakanäle nicht mehr nur akademisch – ihr Inhalt ist eine direkte Bedrohung für die Gesundheit des estnischen Volkes.

Glücklicherweise ist das Rezept zur Lösung dieses Problems schon lange geschrieben. Das Erlernen der estnischen Sprache muss gefördert, die Entwicklung lokaler russisch-sprachiger Medien unterstützt und der Zugang zu den Medienkanälen des Kremls verhindert werden.

Bilder: Alison Curtis / Flickr / CC; Screenshot.